Die Hölle des ständigen Glücklichseins

Lenora Thompson

~ 2 min zu lesen

 

1911 veröffentlichte der englische Schriftsteller,  Philosoph und Theologe G. K. Chesterton Die drei Werkzeuge des Todes – Detektiv-Geschichten des Vater Brown.

 

In einer Geschichte schuf ein Ex-Alkoholiker namens Armstrong eine Art Glückskult. Er war in aggressiver Weise glücklich und keinem war erlaubt, weniger fröhlich zu sein in seiner Gegenwart als er. Besonders seiner Tochter und ihrem Angebeteten verbot er zu heiraten. Dann wurde diese schadenfrohe, alte Seele unter mysteriösen Umständen tot aufgefunden. Es war so gut wie sicher, dass so ein froher Mensch sich selbst nie etwas angetan haben könnte und niemand unterstellte, dass so ein glücklicher Mensch Feinde gehabt hätte. Vater Brown bewies das Gegenteil. 

Meine Familie war auch so eine Art „Kult des Glücklichseins“. Es gab kein Ort der Traurigkeit. Keinen Platz für Depression. Und kein Selbstmitleid, keine Empathie für sich selbst, …und keine Trauerpartys wären je erlaubt worden. Nicht mal eine ruhige Neutralität war akzeptabel. Aggressive Fröhlichkeit war der Name des Spiels. „Sicher, es muss ein toller Platz zum Leben gewesen sein“, denkst du.

Es war es überhaupt nicht.

Stattdessen machte der Druck, ständig fröhlich zu sein, nicht eine Art von Himmel sondern eher eine Art von Hölle aus: Die Hölle des ständigen Glücklichseins.

So beschreibt es Vater Brown:

„Da siehst du“, sagte Vater Brown und blinzelte bescheiden, „ich bin nicht sicher, ob die Fröhlichkeit von Armstrong so fröhlich für andere Leute war.“

Meine Freunde erzählen mir, dass diese Situation typisch für ein narzisstisches Heim ist. Nicht, dass Narzissten uns fröhlich sehen wollen oder so, aber sie wollen nicht, mit der Reaktion ihrer unfreundlichen Worte und Handlungen leben. „Warum bist du so ein trauriger Sack?“, faucht der narzisstische Ehemann einer Freundin oft an. Seine Unfreundlichkeit und sein Ehebruch waren natürlich Ursachen dafür. Aber er wird nie und nimmer der Grund dafür sein wollen.

Ich bin überzeugt, der Druck, süß und leicht zu sein, war dazu da, das kollektive Gewissen meiner Familie zu beruhigen (wörtlich heißt Gewissen „mit Wissen“ im Griechischen).

So konnten sie „ehrlich“ sagen und tun, was auch immer ihr Sekten gleicher Narzissmus begehrte. Glücklicherweise täuschten alle diese Lektionen des Glücklichseins und - wie meine Trauer auch benannt wurde: „Körpergeruch der Persönlichkeit“ ("Body Odor of Personality“)- und die Behauptungen, „keine Ahnung“ zu haben, über den Tatbestand nicht hinweg: Mir ging es schlecht!

 

Der Druck, blubbernd zu agieren, untermauert, warum Narzissten uns immer beschuldigen, „keinen Spaß zu verstehen“. Ihre glorreiche Idee ist es, Humor in Brutalität zu betten. Aber wage es nicht auf die Gemeinheit zu reagieren, oder noch schlimmer, gar es anzusprechen, dann bist du das Problem, nicht sie.

 

Egal, was zu mir oder über mich gesagt wurde, ich lernte immer mein Lächeln am rechten Platz zu haben und meinen Mund geschlossen zu halten. (Eigentlich habe ich gepfiffen, wenn ich verletzt wurde. Mutter sagte mir später, sie wusste dann, dass es ein Zeichen meiner Erregung war.)

 

Noch jetzt, ertappe ich mich dabei, oft herum zu sitzen und ständig aus purer Gewohnheit zu lächeln. Meine überlebenden Leidensgenossen erzählen mir, sie machen das gleiche. Ihnen wurde gesagt, dass ihr Gesicht sich nur beruhigt, wenn sie schlafen. Das muss gut sein! Denn ich selbst rede im Schlaf, setze mich aufrecht, trete, wackele mit den Füßen, knirsche mit den Zähnen und kaue gar auf der Zunge herum.

 

Verbotene Traurigkeit und Empathie mit sich selbst häuft mehr und mehr Grausamkeit an. Grundsätzlich wurde dieser Kult des Glücklich-Seins aufgezwungen, so konnten die NPS-Menschen uns weiterhin endlos missbrauchen, ohne die Reaktion zu erleiden, keine Schuld zu spüren und keine Aufrechnung zu erleben.

So wie Vater Brown sagte:   

„Und die Religion des Glücklichseins – „

„Es ist eine grausame Religion“, sagte der Priester, während er aus dem Fenster schaute. „Warum konnten sie ihn nicht ein wenig weinen lassen…hinter der glücklichen Maske war ein leeres Gemüt….Um das heitere, öffentliche Niveau zu halten, fiel er zurück in den Alkohol. Er saß hier und weinte, dass er in der Hölle war…“

Beständiges Glücklichsein: Es ist eine Art grausame Hölle.

 

 Lenora Thompson (aus dem Englischen übersetzt von Emma Kober) 

originale englische Quelle: http://blogs.psychcentral.com/narcissism/2016/12/the-hell-of-perpetual-happiness/#.WF7gE2uoqqs.facebook

 

 

 

Über Lenora Thompson

 

 

Lenora Thompson ist freie Journalistin für die Huffington Post und Holzbrand-Künstlerin. In ihrem Blog „Narzissmus begegnet der Normalität“ („Narcissism Meets Normalcy“) beschreibt sie ihre wahre Lebensgeschichte, eine Flucht in jüngster Zeit aus der Geiselhaft einer Generationen übergreifenden, sektenhaften, narzisstischen Familie. Mit offenem, beißenden Humor und Sarkasmus beschreibt sie mutig und realistisch, was sie erlebte. Lenora Thompson sieht sich selbst als „whistleblower“, die eine Schlaglicht auf narzisstischen Missbrauch wirft, so dass auch andere anfangen, ihre Freiheit und die Erfahrung von Heilung zu machen. Hier ihre Webseite: http://www.lenorathompsonwriter.com

 

Der Artikel ist nur zur Information und hat aufklärerische Absichten. Es sollte unter keinen Umständen als Therapie erwogen werden oder Therapien und Behandlung ersetzen. Wenn du dich Selbstmord gefährdet füllst, oder denkst, dich selbst zu verletzen, oder wenn jemand in Gefahr ist, wende dich an öffentliche Notrufstellen. Der Inhalte dieser Blogs und alle Blogs beschreiben die Meinung von L. Thompson. Wenn du Hilfe brauchst, kontaktiere qualifizierte psychologische Stellen. 

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